Lebensmittelsicherheit und Hygiene in der Milchwirtschaft
Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass in sämtlichen Prozessen der Erzeugung, Verarbeitung und Lagerung von Lebensmitteln, alle vermeidbaren Gesundheitsgefahren ausgeschlossen werden. Reinigung und Hygiene sind hierfür das A und O. Um im Spannungsfeld von Produktionssicherheit, Fachkräftemangel und effizienten Produktionsmethoden zu bestehen, müssen daher eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden. Die Halag Chemie AG aus dem thurgauischen Aadorf steht der Lebensmittelindustrie als Partner für keimfreie Sauberkeit zur Seite und zeigt die vielfältigen Aspekte, die es im Fokus der Konsumentengesundheit zu beachten gilt, auf
Versorgungsicherheit und Hygienebewusstsein
Die vergangenen Monate haben den Konsumentinnen und Konsumenten vor Augen geführt: mangelnde Hygiene kann gravierende Auswirkungen für die Gesundheit haben. Neben der Sensibilisierung für die Faktoren, die eine Verbreitung von Viren und Bakterien begünstigen, war auch durch diverse Einschränkungen der Bewegungsfreiheit spürbar, dass eine regelmässige, uneingeschränkte Versorgung mit Lebensmitteln nicht selbstverständlich ist. Das es – abgesehen von WC Papier – zu keinem Zeitpunkt der Pandemie zu nennenswerten Versorgungsengpässen bei der Grundversorgung gekommen ist, muss den Erzeugern und der Lebensmittelindustrie hoch
angerechnet werden. Auch wenn gewisse frühere, der Vermeidung von foodwaste nicht zuträgliche Überkapazitäten, aufgrund diverser Faktoren reduziert werden konnten, war es häufig doch eine Herkules-Aufgabe für die gesamte Wertschöpfungskette, die Versorgung der Verarbeiter mit Rohstoffen und Verpackungsmaterial sicher zu stellen. Gleichzeitig galt es aber auch, die notwendigen Hygienestandards weiterhin einzuhalten, bzw. auszubauen und die Versorgung mit den dafür notwendigen Reinigungs- und Desinfektionsmittel sicher zu stellen. Das bei diesem wichtigen Thema nichts dem Zufall überlassen werden darf, zeigt bereits die Verankerung von Lebensmittelsicherheit in diversen Gesetzen.
Der gesetzliche Rahmen
Die 75 Artikel der «Verordnung des EDI (eidgenössisches Departement des Inneren) über die Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln», bzw. analog die, für den EU-Raum geltenden EU-Hygieneverordnungen für Lebensmittel (Verordnung (EG) Nr. 852/2004, Verordnung (EG) Nr. 853/2004 und Verordnung (EG) Nr. 854/2004) geben in acht klar gegliederten Artikeln Auskunft über die «dos and don’ts» bei der Lebensmittelerzeugung und Verarbeitung. Von der allgemeinen Sorgfaltspflicht, über die räumlichen Vorschriften, den Transport, die Tierhaltung, die persönliche Hygiene und die, je nach Herkunft unterschiedlichen Verarbeitungsvorschriften, ist alles geregelt. Ab Art. 46 befasst man sich im 8. Abschnitt mit dem Thema «Milch und Milchprodukte». In 8 Artikeln sind dort die Verordnungen für den Umgang mit Rohmilch und deren Abgabe, der Milchverarbeitung sowie die allgemeinen Vorschriften für die Verarbeitungsbetriebe definiert. Den Sömmerungsbetrieben ist gar ein separates Kapitel gewidmet. Im guten Vorsatz, «…alle Vorkehrungen [zu treffen], die notwendig sind, um Gefahren (für die einwandfreie Lebensmittel-Beschaffenheit) unter Kontrolle zu bringen und [darüber hinaus] zu gewährleisten, dass ein Lebensmittel unter Berücksichtigung seines Verwendungszwecks für den menschlichen Verzehr tauglich ist. („Lebensmittelhygiene“ gem. VO (EG) Nr. 852/2004), gelten Definitionen, die alle Möglichkeiten der nachteiligen Veränderung von Lebensmitteln, u. a. den Verderb durch Mikroorganismen, Kontamination und Wachstum von Krankheitserregern verhindern sollen.
Vermeidbarer Imageschaden
Dass trotz aller geltenden Vorschriften, die Behörden den Konsumenten immer wieder vor Lebensmitteln in hygienisch nicht einwandfreiem Zustand warnen müssen, wurde durch eine wahrgenommene Häufung von Listerien Fällen bei Schweizer Detailhändlern in den ersten Monaten dieses Jahres deutlich. Im Durchschnitt werden in der Schweiz jährlich bis zu 80 Listerien Fälle gemeldet. Für Personen mit normalen Abwehrkräften verläuft diese Infektion meistens milde. Für Personen mit geschwächter Immunabwehr, Schwangere und ältere Personen, kann sie aber durchaus bedrohliche Folgen haben. Dass diese Fälle aktuell, stärker durch die Konsumenten wahrgenommen werden, ist wahrscheinlich auch dem generell gesteigerten Hygienebewusstsein geschuldet. Obwohl aktuell nur ca. 20 bis 30 Listeriose Infektionsfälle jährlich dokumentiert werden, ist der entstehende Imageschaden, durch öffentlich ausgesprochene Warnungen und die entsprechende Medien-Berichterstattung, sowohl für die betroffenen Detailhändler, zunehmend aber auch für die Erzeuger beträchtlich.
Bei einem festgestellten Listerienbefall, hat der Sömmerer eine grosse Verantwortung zu tragen, damit auch im eigenen Interesse, die Medien keinen Lebensmittelskandal publizieren. Um schnell und kompetent Hilfe bei der notwendigen Beseitigung der Ursachen für den Befall zu erlangen, werden während der Alpsaison, die Fachberater der Halag Chemie kontaktiert. Um die Ursachen zu ergründen und die entsprechenden Massnahmen zur Bekämpfung einzuleiten, wird das gesamte Hygienekonzept der Alpen kritisch durchleuchtet. Wenn notwendig, werden gemeinsam mit dem Sömmerer die notwendigen Anpassungen am
bisherigen Vorgehen und Verhalten der Mitarbeitenden eingeleitet, um einen erneuten Listerienbefall der wertvollen Alpproduktion zu vermeiden. «Oft sind es versteckte Keimherde, die es zu entdecken gilt. Nicht immer liegt die Ursache klar auf der Hand. Hier kommen uns unsere eigenen Erfahrungen aus der Stallhygiene und Milchverarbeitung generell zu Gute» sagte Peter Amstutz, Fachberater der Halag Chemie in der Innerschweiz.
Listerien können auch Butter befallen
Auch der Herstellungsprozess der Butter birgt einige Stolpersteine in Bezug auf die Hygiene und Lebensmittelsicherheit. Je nach Verwendungszweck und Qualität des Ausgangsrahms wird bei 63°C für 30 Minuten oder bei 110°C für wenige Sekunden pasteurisiert. Der verbesserten Oxidationsstabilität und der Inaktivierung der mikrobiellen Lipasen bei höheren Temperaturen, steht jedoch eine erhöhte Reinfektionsgefahr gegenüber. Die unterschiedlichen Rahmreifungsverfahren sind hinlänglich bekannt. Letztendlich steuert häufig der gewünschte Grad der Streichfähigkeit die Auswahl des Prozesses. Die physikalischen Reifungsprozesse, mit definierter Abfolge der kalt-warm-kalt Prozesse bzw. die in der Schweiz, aufgrund der bevorzugt gut streichbaren Butter direkt aus dem Kühlschrank, vermutlich überhaupt nicht angewendeten Warm-Kalt-Reifung und die Anwendung der bakteriologischen Rahmreifung, bieten hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit ebenfalls unterschiedliche Aspekte. Bakteriologisch gereifte Sauerrahmbutter zeichnet sich z.B. durch ihren tieferen pH-Wert, durch einen erhöhten Rekontaminationsschutz und somit verbesserte Haltbarkeit aus.
Lebensmittelsicherheit am Butterberg
Ein für Alpenanrainer wohlbekanntes Gesetz besagt: Um sich in den Bergen sicher zu bewegen, muss man einige wichtige Verhaltensregeln kennen und sich nach ihnen richten. Dies kann man ohne Weiteres auch auf «Butterberge» und die einzuhaltenden Hygieneregeln übertragen. Es gilt, täglich die Herausforderungen in Bezug auf Konsumentensicherheit durch korrektes Anwenden von Hygienemassnahmen zu erfüllen. Dank umsichtiger Planung, Beschaffung und Einsatz der angepassten Ausrüstung in Form von Reinigungs-und Desinfektionsmitteln, sowie der Verlässlichkeit von Partnern, sind diese Herausforderungen jedoch zu meistern.
Die steigenden Exportzahlen von Butter aus dem EU Raum (2019 + 9%), allen voran in die USA und nach China, fordern hinsichtlich der Einhaltung von Hygienestandards z.T. neue Massstäbe. Für die Schweiz repräsentiert die Milchwirtschaft einen Anteil von 20 % an der gesamten Landwirtschaftlichen Erzeugung. Die Verteilung von Milchproduzenten zwischen Berg- und Talgebieten hielt sind 2019 ungefähr die Waage, die produzierten Milchmengen sind in den Bergregionen jedoch, durch die topographiebedingte geringere Anzahl Milchvieh und ein geringeres Ausmass an Automatisierung, deutlich geringer. Die Diversität bei der Erzeugung und vielfältigen Ansprüche in den Abnehmermärkten, macht die individuelle Betrachtung und Lösung der Hygieneanforderungen für die Milchwirtschaft zu einer Anspruchsvollen Aufgabe. Für deren Lösung ist die ganzheitliche Betrachtungsweise der Halag Chemie zielführend, da sie die individuelle Erfüllung der Verpflichtung des Schutzes der Konsumenten ermöglicht.
In der Schweiz belegt Butter mit gut 15 %, den 2. Rang bei den Erzeugnissen aus Milch. Trotzdem war die Handelsbilanz der Schweiz für Butter in 2020 negativ. Ende des vergangenen Jahres, wurde bereits zum dritten Mal innert Jahresfrist das Importkontingent um weitere 2’000 Tonnen erhöht. Und hier schliesst sich der Kreis des Anspruchs, Gesundheitsgefahren generell zu vermeiden.
Unter dem Einfluss der Coronakrise, ist die Nachfrage des Schweizer Detailhandels nach Butter, im Frühling 2020 stark gestiegen. Die Ende Oktober beschlossenen, verschärften Massnahmen zur weiteren Vermeidung des Anstiegs von Infektionen und auch die Vorweihnachtszeit, haben auf einen erhöhten privaten Bedarf schliessen lassen. Der leider, mit den Massnahmen einhergehende Rückgang des Bedarfs im Gastro-Bereich hat hierbei nicht zu einer massgeblichen Reduktion des Mengenbedarfs geführt. Die um über 7.5 % rückläufige industrielle Butterherstellung hat hingegen den Schweizer Butterberg auf Ende Jahr auf den sehr tiefen Stand von 400 Tonnen schmelzen lassen.
«Alles in Butter»
Lebensmittelrechtlich kann „Butter“ in der Schweiz aus Milchrahm oder aus einem Gemisch von Milchrahm und Sirtenrahm hergestellt werden. Es wird nach Fettgehalt (mindestens 82%) und nach Ursprung des Rahms bzw. der Herkunft der Butter zwischen Koch/Bratbutter, Vorzugsbutter, Käsereibutter und Sirtenrahmbutter unterschieden. Der Grossteil des Butterungsrahms fällt bei der Käseherstellung an. Somit sind die notwendigen Hygienemassnahmen auch auf diesen Zweig der Milchwirtschaft anzuwenden, wenn es um die Lebensmittelsicherheit von Butter gut bestellt sein soll. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die diversen Einflussgrössen auf dieses Lebensmittel, welche bereits bei der Tiergesundheit und Stallhygiene der Milchkühe beginnen. Zur Einhaltung der Lebensmittelrechtlichen Vorschriften, ist es nicht ausreichend nur auf die Verordnungen und Kontrollen bei der Weitergabe und Verarbeitung des «Rohstoffs Milch» zu achten. Wenn die Nichterfüllung der Vorgaben festgestellt wird, haben zwar zunächst die Mechanismen gegriffen, um allfällige Gesundheitsgefahren von den Konsumentinnen und Konsumenten fernzuhalten. Aber, entgegnet Peter Amstutz, «wir erleben häufig, dass im Spannungsfeld von Schuldzuweisungen innerhalb der Wertschöpfungskette, die eigentliche Lösung des Problems ausser Acht gelassen wird». Es hilft weder dem Käser, noch der Grossmolkerei oder dem Landwirt, wenn lediglich der Umstand einer zu hohen Keimbelastung festgestellt wird, egal bei welchem Produktionsschritt. In diesen Situationen gilt es, detailliert jeden Schritt, von der Tierhaltung, über die Milchgewinnung, den Transport, und die Molkengewinnung beim Käsen, sowie deren Konzentrierung und dem letztendlichen Butterungsprozess, und abschliessend die Lagerung zu untersuchen. Wir betreiben Ursachenforschung, nicht Symptombekämpfung» sind sich die erfahrenen Halag Aussendienstmitarbeiter – mehrheitlich eidgenössisch diplomierte Käser, einig.
Nur bei einer exakten Kenntnis der Ursache lässt sich das geeignete Produkt aus der breiten Palette an Reinigungs- und Desinfektionsmittel auswählen. Oder aber, wenn die richtigen Produkte bereits im Einsatz sind, allfälligen Nachholbedarf bei der Anwendung, durch Schulungen aufzuholen. Eine Ausarbeitung von individuellen, stets aktualisierten Reinigungspläne für die Dokumentation der angemessenen Hygienemassnahmen runden die Massnahmen ab.
Checklisten zur Vermeidung
Die von den namhaften Instituten: HBLFA Tirol, Agroscope Liebefeld und der muva Kempten erarbeitete «Checkliste Hygienemassnahmen», welche ein guter Leitfaden bei Listerienproblemen darstellt, spiegelt exemplarisch die Aspekte, die ein besonderes Augenmerk verlangen, wieder.
Von der räumlichen Trennung in verscheide Hygienezonen, den festgeschriebenen persönlichen und betrieblichen Hygienemassnahmen und der Benennung von Verantwortlichen, bis hin zu den angewendeten Raumhygienemassnahmen und spezieller Hygienemassnahmen bei der Käsepflege, lassen sich Keimherde häufig schneller und eindeutiger eingrenzen, erkennen und eliminieren. «Im Ausschlussprinzip kommen wir den Ursachen in der Regel immer auf den Grund» erläutert Hansruedi Mürner, Leiter Halag Services. «Hierbei ist es für unsere Kunden sowohl aus den Bereichen industrielle wie auch gewerbliche Milchverarbeitung wichtig, dass die Experten der Halag Chemie in beiden Metiers sattelfest sind. Immer gilt es, eine an die Betriebsgegebenheiten angepasste Vorgehensweise zu wählen und auch den Massnahmenkatalog entsprechend darauf abzustimmen». Gerade die Vorgaben z.B. in Bezug auf die Erlangung von Bio- oder anderen Labeln oder die Herstellung von Käse und Butter auf der Alp, ermöglichen und erfordern oft den Einsatz anderer Produkte, als dies in der Grossindustriellen, automatisierten Fertigung möglich ist.
Partnerschaft für Lebensmittelsicherheit
Trotz immer wieder durch die Medien gehender Lebensmittelskandale, generell ist es im deutschsprachigen Raum gut um die Lebensmittelsicherheit und somit den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten bestellt. Partnerschaftliche Beziehungen über Landesgrenzen hinaus und die Anwendung erprobter, individueller Hygienemassnahmen zeigen Wirkung. In der Milchwirtschaft und auch ganz generell wenn es um die Vermeidung von Gesundheitsgefahren durch fachgerechte Anwendung von Reinigung und Hygiene geht.
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